Soll ich mit ETFs in Obligationen investieren?

Ich bin ein Verfechter der passiven Geldanlage in Aktien. Diese Überzeugung basiert darauf, dass sich Börsenkurse nicht prognostizieren lassen, somit fair bewertet sind und daher keine Mehrrendite durch eine aktive Auswahl von Aktien im Vergleich zum zugrundeliegenden Markt erzielt werden kann. Diese Ansicht wird durch zahlreiche Studien (siehe z. B. den Blogbeitrag ‚Einzelaktien oder ETFs‘) und Untersuchungen bestätigt, einige davon habe ich auch selbst durchgeführt.

Viele Aktienmarktindizes, wie zum Beispiel der Swiss Performance Index (SPI), legen die Gewichtung der einzelnen Aktien anhand ihrer Marktkapitalisierung fest. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, dass Unternehmen mit einem höheren Börsenwert auch ein höheres Gewicht im jeweiligen Aktienindex haben.

Obligationen-Indizes funktionieren anders

Ähnlich gibt es auch bei Anleihenindizes eine solche Gewichtung. Hier erhalten jedoch diejenigen Schuldner ein höheres Gewicht, die die meisten ausstehenden Anleihen – also Schulden – haben.

Wenn man sich also passiv oder indexbasiert in Obligationen engagiert, investiert man hauptsächlich in Anleihen von Ländern mit hohen Schulden wie den Vereinigten Staaten von Amerika, Japan sowie europäischen Ländern wie Italien oder Spanien. Diese Länder haben das größte Gewicht in den relevanten Bond-Indizes.

Es ist interessant festzustellen, dass diese Gewichtung in diesen Indizes als ‚Marktkapitalisierung‘ bezeichnet wird, obwohl eigentlich eine eigenartige Form der ‚Schuldnergewichtung‘ vorliegt. Das wirft die Frage auf: Möchtest du wirklich den Ländern mit den höchsten Schulden das meiste Geld leihen? Persönlich möchte ich das definitiv nicht. Ich ziehe es vor, mein Geld an Schuldner mit geringerer Verschuldung zu verleihen – diese haben daher auch weniger Gewicht im Index.

Quelle: Factsheet SPDR Bloomberg Global Aggregate Bond UCITS ETF

Die Qualität nimmt ab, die Duration steigt

Im Laufe der Zeit haben sich die Qualitäten der Schuldner in den Indizes aufgrund der massiven Geldflut der Zentralbanken schleichend verschlechtert. Wenn du dich auf indexbasierte Investments einlässt, gehst du oft blind mit diesem Qualitätsverlust und der damit verbundenen Risikoerhöhung um. Zusätzlich müssen Anleihen, die aufgrund einer Rating-Verschlechterung unter das vom Fondsreglement geforderte Mindestrating fallen, zwangsweise verkauft werden. Dies führt zu einer prozyklischen Handlungsweise, die wiederum zu einem Preisverfall dieser Anleihen führen kann, da alle Fondsmanager gleichzeitig verkaufen und es aufgrund geringer Liquidität am Markt kaum Käufer gibt. Letztlich schadet das den Besitzern der Fondsanteile. Vielleicht wäre es besser, ruhig zu bleiben und auf einen geeigneteren Zeitpunkt zum Verkauf zu warten.

Bond-Indizes sind auch bezüglich Zinsänderungsrisiken tendenziell prozyklisch. Über drei Jahrzehnte bis zum Jahr 2020 sind die weltweiten Zinsen fast ununterbrochen gefallen. Anleger in Zinsprodukten konnten aufgrund dieser beispiellosen Zinserosion erhebliche Kursgewinne verzeichnen. Viele Unternehmen und staatliche Institutionen haben die Niedrigzinsphase genutzt, um langfristige Kredite zu günstigen Konditionen aufzunehmen. Dadurch ist die Duration der Anleihen in den Bond-Indizes deutlich gestiegen. Zum Beispiel stieg die Duration des Swiss Bond Index SBI Total (mit Bonitäten von AAA bis BBB) von rund 5 im Jahr 2008 auf über 7,5 im Jahr 2020 und liegt aktuell bei 6,8. Das bedeutet, dass Käufer Anleihen heute mit einer durchschnittlichen Laufzeit von etwa 6,8 Jahren erwerben.

Das erhöht das Zinsänderungsrisiko innerhalb von etwas mehr als einem Jahrzehnt um beachtliche 35 Prozent. Die Auswirkungen waren im letzten Jahr deutlich ersichtlich, da die meisten großen Obligationenindizes im zweistelligen Prozentbereich regelrecht eingebrochen sind, was wohl viele konservative Investoren negativ überrascht hat.

Fazit

Eine Investition in Obligationen-ETFs sollte gut überlegt sein. Aus meiner Sicht macht die Schuldner-Gewichtung wenig Sinn und birgt sogar zusätzliche Risiken. Viel eher solltest du dir die Frage stellen, ob du als Schweizer Franken Anleger aktuell wirklich angemessen entschädigt wirst, wenn du in Obligationen investierst.

Persönlich halte ich den grössten Teil meiner kurzfristigen Gelder auf Sparkonten oder Festgeldkonti und bleibe insbesondere den indexierten Aktien treu.

Falls Du komplett unabhängige Unterstützung in der Struktur und Umsetzung Deiner Finanzen und Anlagen brauchst, dann vereinbare gerne mit mir ein kostenloses Erstgespräch.

Viel Erfolg beim Investieren und herzliche Grüsse

Marco

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