Die kleine silberne Kugel ähnelt frappierend einer verkleinerten Version des Todessterns aus dem Universum von „Star Wars“. Die Parallele zu den Science-Fiction-Filmen wird nur von der ebenso originellen Idee hinter dieser Kugel übertroffen. Die Vision, die sich dahinter verbirgt, ist ebenso kühn wie futuristisch. Sie sieht vor, dass jeder einzelne Mensch seine Iris mittels dieser Kugel als Identitätsnachweis scannen lässt – und das für die gesamte globale Bevölkerung von acht Milliarden Menschen. Diese umfangreiche Datenerfassung soll wiederum als Grundlage für die Etablierung einer weltumspannenden Digitalwährung sowie die Implementierung eines bedingungslosen Grundeinkommens dienen.
Was ist der Worldcoin?
Worldcoin strebt danach, das umfassendste Identitäts- und Finanznetzwerk weltweit zu etablieren. Dieses ehrgeizige Vorhaben umfasst die Komponenten World ID, den Worldcoin Token (WLD) und die World App. Worldcoin zielt darauf ab, ein globales Zahlungs- und Identitätsnetzwerk zu schaffen, das von Sam Altman, dem Gründer von ChatGPT, ins Leben gerufen wurde. Es setzt sich aus den folgenden Elementen zusammen:
– World ID: World ID repräsentiert eine digitale Identität, die besonderen Fokus auf Datenschutz legt. Ihr Ziel ist es, identitätsbasierte Herausforderungen in der digitalen Welt zu meistern.
– Worldcoin Token (WLD): Der Worldcoin Token soll gemäss der Webseite „weltweit und kostenfrei an Menschen verteilt werden, um ihre individuelle Identität zu honorieren.“
– World App: Eine Zahlungs-App, die es ermöglicht, Finanztransaktionen sowohl in Kryptowährungen als auch in traditionellen Fiatwährungen abzuwickeln.
Wie funktionieren das Worldcoin-Projekt und der Orb?
Die Zusammenarbeit von World ID, Worldcoin Token (WLD) und World App beruht auf einem Gerät namens „Orb“. Der ballförmige Scanner «Orb», was auf Deutsch «Kugel» oder «Himmelskörper» heisst, erfasst die Iris der Menschen. Rund 350 davon sind weltweit in speziellen Registrierungsstellen im Einsatz, 2’000 wurden gemäss Worldcoin bereits produziert. Wer möchte, schaut für wenige Augenblicke in die silberne Kugel und ein Scan der Iris wird erstellt – die Regenbogenhaut ist bei jedem Menschen einzigartig wie ein Fingerabdruck. Auf Grundlage dieses Abbilds wird ein digitaler Ausweis erstellt, die sogenannte World ID. Über 2,2 Millionen Menschen aus 120 Nationen haben sich nach Angaben von Worldcoin bereits mit einem Augen-Scan angemeldet, in 34 Ländern sind die «Orbs» im Einsatz.
Quelle: https://www.worldcoin.org
Aus den gewonnenen Daten wird ein einzigartiger Code generiert, um eine eindeutige Identifizierung zu ermöglichen. Mithilfe von Zero-Knowledge-Proof wird überprüft, ob die Daten bereits im System vorhanden sind, um Duplikate zu verhindern. Falls die Daten noch nicht existieren, können neue Nutzer sich registrieren, indem sie ihre E-Mail-Adresse, Telefonnummer oder einen QR-Code verwenden.
Grosser Andrang in Entwicklungsländern
Teilnehmer, die bereit sind, ihre biometrischen Daten auf diese Weise einzubringen, werden mit Worldcoin Token (WLD) belohnt. Die globalen Irisdaten sollen dazu dienen, Menschen weltweit zu identifizieren. Diese einzigartigen, nicht fälschbaren Daten sollen traditionelle Ausweisdokumente wie Personalausweise und Reisepässe überflüssig machen. Die ersten Nutzer, die in das System aufgenommen wurden, konnten sich pro Woche bereits einen Worldcoin-Token zuweisen lassen. Zum Start gibt es zudem einen einmaligen Bonus von 25 Tokens. Viele der ersten Teilnehmenden kommen aus Entwicklungsländern.
Ein Token war Ende August 2023 rund USD 1.26 wert. Dieser hat sich seit dem Start Ende Juli 2023 bereits deutlich abgeschwächt. Das Startpaket hat also einen Wert von etwas über 30 Dollar, plus 1.26 USD pro Woche. Jedoch erfordert der Zugriff auf die Worldcoin-Token den Besitz eines Computers oder Smartphones, was insbesondere für die am wenigsten privilegierten Menschen auf der Welt keine gegebene Selbstverständlichkeit darstellt.
Insbesondere für diese Bevölkerungsgruppen könnten die Worldcoin-Token einen bedeutsamen Unterschied bewirken. Die Weltbank klassifiziert Menschen als in äusserster Armut lebend, wenn ihr tägliches Einkommen weniger als 2.15 US-Dollar beträgt, was einer wöchentlichen Summe von 15,05 US-Dollar entspricht.
Registrierung mittels „Orb“, Quelle: https://www.worldcoin.org
Kritik
Die Kritik am ganzen System wird immer lauter, Datenschützer warnen bereits vor grossen Sicherheitsrisiken, so sei das System ein wahrer Schatz für Hacker. Viele Länder bzw. Behörden haben bereits reagiert und nehmen das Projekt genauer unter die Lupe, so zum Beispiel Frankreich und England. Noch weiter ging Kenia: Das afrikanische Land, in dem es wegen des «Begrüssungsgelds» einen Ansturm auf die Registrierungsstellen gegeben hatte, stoppte sämtliche Aktivitäten von Worldcoin. Die Behörden müssen erst feststellen, dass das Projekt keine Risiken für die Bürger berge, hiess es zur Begründung.
Was sagt Worldcoin zu der Kritik?
Worldcoin-Europachef Ricardo Macieira weist Datenschutz-Bedenken in einem Interview mit Reuters-TV als unbegründet zurück. „Privatsphäre ist für uns etwas Selbstverständliches. Man kann sich als Mensch identifizieren, ohne persönliche Daten zu teilen.“ Bei der Registrierung mit Hilfe des „Orb“ müssen Nutzer den Angaben zufolge weder Namen, Adresse oder Telefonnummer nennen. Außerdem würden die Daten, die für die Erstellung der World ID notwendig sind, ausschließlich in dem Gerät verarbeitet und standardmäßig nach Erstellung des Ausweises gelöscht. Die in Deutschland entwickelte Technologie zur Identitätsfeststellung entspreche den europäischen Datenschutz-Regeln. (Quelle: Reuters)
Was ist Deine Meinung zum Worldcoin? Siehst Du dies eher als Chance oder als grosse Gefahr für unsere Gesellschaft?
Ich freue mich auf Feedback und wünsche eine erfolgreiche Woche!
Herzliche Grüsse
Marco